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Bossa Nova? Ist das nicht das brasilianische Ding, das schon mehr als 50 Jahre auf dem Buckel hat und bald in Rente geht?
Nicht wenn b-ebene die Funken fliegen lassen und deutsche Texte mit brasilianischen Rhythmen zusammenbringen. Da geht die Post ab. Auch weil b-ebene Bossa Nova nicht als Korsett sehen, sondern als Sprungbrett um ganz andere Höhen zu erreichen. Das Duo demonstriert dabei, dass Bossa Nova mehr ist, als nur puristische Musik. Es ist Leidenschaft für Leichtigkeit. Und gleichzeitig würzen b-ebene die Leichtigkeit mit wilder Intensität.
Dem Groove auf die Sprünge helfen
Auf ihrem Debut-Album „Rückwärts Weltrekord“ nehmen sich Christian Bader und Boris Pillmann komplexe Bossa Harmonien vor und lassen sie unaufdringlich und poppig los plätschern. Und wer genau hinhört, der entdeckt eine überraschende Finesse nach der nächsten. Mit Fug und Recht darf auch gesagt werden, dass b-ebene grooven. Wie Sau. Dazu brauchen die beiden nicht mehr als Gesang, Gitarre und eine Handvoll elektronischer Beats. „Zu zweit geht alles angenehmer, schneller“, betont Boris Pillmann, „deshalb wird es eine Bandkonstellation mit vier oder fünf Leuten auch nicht geben.“ Diese kreative Kommunikation der kurzen Wege, ja ein fast blindes Vertrauen, führt zu einer überaus lebendigen CD. Nicht überproduziert. Nicht zu geschliffen. Aber angefüllt mit Zeit. Zeit zum Atmen, zum zurücklehnen. Weit hinein in die Musik von b-ebene. Nie verkrampft fixiert auf Bossa. „Warum sollten wir jedes Stück in ein enges Korsett zwängen“, fragt Christian Bader, „wenn da mal musikalisch was anderes vorbei kommt, wie bei „Ulla ist weg?“ Viel elektronischer kommt das Stück daher, und das nicht nur weil Robert Lippok mit an den Knöpfen gedreht hat.
Traurig schön und voller Emotionen
Wenn, wie bei Boris Pillmann, die textliche Inspirationsquelle das Leben in seiner gesamten Fülle und Breite ist, dann singt er von vollen Brüsten und leeren Gläsern. Nichts ist zu schön und nichts zu traurig, um besungen zu werden.
Nur so werden auch kleine Dinge groß. „Es muss nicht immer um Liebe gehen“, stellt er klar, und er singt das alles in Deutsch. „Deutsch ist eine schöne Sprache, es dauert vielleicht ein bisschen länger, die richtigen Worte zu finden, weil vieles schnell platt klingt, phrasenmäßig, aber es macht einfach wesentlich mehr Spaß. Man kann die Leute ganz anders begeistern. Und das merkt man dann auch, die Leute hören beim Konzert einfach aufmerksamer zu, weil sie einen anderen Zugang haben.“
Glücklicher Zufall
Dabei ist die Bossa Nova Liebe mehr ein glücklicher Zufall, als ein ausgeklügelter Plan. Also jedenfalls keine auf den ersten Blick. Oder doch?
Christian Bader wird 1994 vom Goethe Institut mit seiner Jazzband ins brasilianische Bahia eingeladen. „Ich hatte keine Ahnung, was mich da erwartet“, erinnert er sich, „aber ich habe mich ziemlich verguckt. In das Land und die Musik. Es ist einfach faszinierend, wie die Künstler dort, mit Harmonien umgehen.“ Dann war erstmal Bossa Sendepause.
Peng
Und um die Geschichte zu Ende zu bringen, am Goethe Institut Moskau und Usbekistan haben b-ebene mittlerweile schon gespielt. Aber nicht bevor sie am Spreeufer in Berlin gesessen haben, vor gar nicht so langer Zeit.
Es war sonnig, brasilianisches Wetter. Christian zupfte an den Saiten, Boris sang. Und Peng: sie erfanden „Rüber zu Dir.“ Einfach so. Einen tatsächlich lupenreiner Bossa.
“Ein paar Monate später hat Christian angerufen und gesagt, da müssen wir doch noch ein paar Nummern machen, dass ist doch viel zu geil“, ist Boris das Telefongespräch noch heute präsent.
Nach dieser ersten Nummer haben sich die weiteren einfach entwickelt.
Zwanglos, voller Spielfreude. Und das hört man. Immer wieder.
Herzlich Willkommen b-ebene.
Franz X.A. Zipperer
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